Die Warteliste für
das Wurstseminar von Carsten Scheller ist lang, sehr lang. Immer mehr Menschen
möchten fast vergessene
Techniken erlernen. Sie möchten erfahren, sehen, hören und schmecken, aus was
wirklich gute Lebensmittel
hergestellt werden.
Um es vorwegzunehmen
- Das Warten hat sich gelohnt. Fast 6 Monate hat es gedauert und gestern Abend
war es dann soweit: Wurstseminar im Gaumenwerk der Fleischerei Scheller!
In einer gemütlichen
Runde erfuhren wir viele Interessante Details über die Lieferanten der
Fleischerei Scheller. Sowohl gute
Haltungsbedingungen und Fütterung, kurze Wege zu lokalen handwerklichen
Schlachtern und eine liebevolle Verarbeitung
kennzeichnen das von Carsten Scheller und seinem Team verarbeitete
Rindfleisch vom roten Höhenvieh und vom
Salzwiesenkalb.
Mit dem roten
Höhenvieh landet sogar eine alte deutsche Rasse (Dreinutzungsrind). Der Verein
zur Förderung des Roten Höhenviehs im Weserbergland e.V. leistet dabei
einen tollen Anteil an der Erhaltung dieser leider vom Aussterben bedrohten
Nutztierrasse (Rote Liste
der GEH: Klasse II - stark gefährdet).
Auch die Blonde
d`Aquitaine - liebevoll Blondi's genannt - dürfen auf dem Adrianenhof
viel frische Nordseeluft schnuppern und
friedlich auf den Salzwiesen und Deichen grasen. Das Angebot Carsten
beim nächsten Besuch zu begleiten und mir das ganze vor Ort anzusehen nehme ich
sehr gerne war. Einziges Manko für mich ist die Entfernung. Der Adrianenhof
liegt mit 250 km Entfernung leider nicht innerhalb meines Regionalradius.
Carsten erklärte was
hinter der Marke Eichenhof steht. Eichenhof ist die Premiummarke der EGO
(Erzeugergemeinschaft Osnabrück e.G.).
In den letzten 30 Jahren haben sich hier rund 500 Betriebe aus der
Umgebung von Osnabrück zu einer Genossenschaft zusammen geschlossen. Etwa 240
davon mästen ca. 350.000 Schweine pro Jahr die unter dem Eichenhoflabel
vermarktet werden. Die teilnehmenden Betriebe haben sich verpflichtet
freiwillig die Richtlinien der EGO einzuhalten. Die Anforderungen sind deutlich
höher als in der konventionellen Tierhaltung, liegen allerdings noch deutlich
unter den Anforderungen der Bio Label und Bio Organisationen. Auch zu brisanten
Themen wie Haltungsbedingungen, Kastration der Eber oder das Kupieren der Schwänze gab Carsten
kompetent Auskunft.
Das Endprodukt
Eichenhof-Schweinefleisch ist ohne Frage von hervorragender Qualität. An den
Haltungsbedingungen sollte meines Erachtens nach noch gearbeitet werden.
Großartig wäre es wenn die Fleischerei Scheller für die Zukunft ähnliche
Lieferanten wie beim Rindfleisch finden könnte.
Begleitet wurde
dieser spannende Teil des Abends von leckeren
Spezialitäten aus der Schlachterei. Neben "normalen"
Leckereien wie diversen Schinkenvariationen, Fenchelsalami und Zwiebelfleisch verwöhnte uns Carsten auch mit von ihm
hergestellten internationalen Spezialitäten. Das Pastramie war echt klasse und
das Vitello Tonato wirklich großartig.
Auch für - O-Ton
Carsten Scheller - "fortgeschrittene Zungen" gab es Leckeres zu
entdecken. Seinen Salami Jam, das Rote
Beete Chutney und die Paprika Marmelade werde ich auf jeden Fall in meiner
heimischen Küche nachkochen!
Nach dem Ausflug in
die Theorie ging es in die Fleischerei. Es galt eine Schweinehälfte zu zerlegen
und nebenbei auch noch ordentlich Wissen einzusaugen. Carsten erklärte Handelsklassifizierungen
und die Kennzeichnungen auf der Schweinehälfte.
Beim Zerlegen wurden uns die verschiedenen Zuschnitte (Neudeutsch: Cuts) und
die Verwendung der einzelnen Stücke anschaulich erklärt. Besonders gefallen dabei
hat mir, dass Carsten immer wieder auf alte Rezepte und Zubereitungsmethoden
verwies, die heutzutage kaum noch verwendet werden. Gerade in Hinblick auf die
gebotene komplette Verwertung eines Tieres sollte man sich damit unbedingt mehr
auseinander setzen. Eine kleine Serie mit vergessenen Zuschnitten und Rezepten
folgt in Kürze!
Copyright: Claudia Becker www.videotextbild.de |
Da wir
auch zwei BBQ Cracks von den Charcoal Workers e.V. dabei hatten, entwickelten sich auch immer wieder
hoch interessante Ausflüge in die Grillszene mit ihren speziellen Cuts, die
durch die immer stärker werdende Barbecue Welle aus den USA zu uns kommen.
Anmerkung: Apropos Charcoal Workers --> Anschauen lohnt sich! Toller Grillverein der sich karitativ engagiert
Anmerkung: Apropos Charcoal Workers --> Anschauen lohnt sich! Toller Grillverein der sich karitativ engagiert
Gleich
vormerken: Nächster Charity Event am
05.12.2015 auf dem Georgsplatz in Hannover.
Das Schwein ist
zerlegt also: Frisch Gesellen seid zur Hand!
Der Schweiß rann uns zum Glück nicht von der Stirn, gelobt wurden wir
vom Meister trotzdem. Wurst machen war angesagt.
Eine grobe rohe Bratwurst
(mit ein paar
kleinen Frikadellen als Bratprobe - Echt Mjammi!)
- Fleisch in handliche Stücke schneiden,
- Gewürze, Kräuter und etwas Flüssigkeit in Form eines leckeren Rotweins einkneten
Der
Meister sagt: Kneten bis man den Rotwein riecht - riecht man den Rotwein nicht
weiterkneten oder mehr Rotwein … Prost ;O)
Der
Meister sagt auch: Noch besser wird es mit mehr Zeit: Das eingelegte Fleisch
über Nacht marinieren lassen!
- Alles grob durch den Wolf lassen (5mm Vorsatz)
- Brät in die Wurstpresse geben
- Schafsdarm aufziehen (Darm vorher bis zu 12 Stunden wässern)
- Pressen
- Darm möglichst ohne Lufteinschlüsse mit dem Brät füllen, nicht zu fest sonst platzt der Darm
- Nach dem Füllen auf gewünschte Länge ablängen (20-25cm)
Tipp: Wurstmasse
etwas bei Seite schieben und mit Daumen
und Zeigefinger beide Seiten festhalten; dann 4-5 mal drehen
Als
nächstes war dann die Mettwurst dran
Gleiches Prinzip wie
bei der Bratwurst
- Fleisch in handliche Stücke schneiden,
- Fleisch mit Gewürzen vermischen,
- Durch den Wolf lassen (etwas feiner 3mm Vorsatz)
- Darm füllen - diesmal ein Rinderkranzdarm (schließlich wollen wir ja eine ordentliche dicke Mettwurst)
- Ring legen,
- Mit Wurstfaden abbinden ,
- Zum Trocknen aufhängen (möglichst unter 8°C, min. 80% Luftfeuchte) … und nach einer Woche abholen
Beim
Zerlegen der Schweinehälfte fehlte der Kopf und das hatte natürlich auch einen
Grund. Für eine gute gekochte Leberwurst braucht es neben anderen
Fleischstücken auch die leckeren Backen aus dem gepökelten Schweinekopf.
Nachdem der Kopf fachmännisch zerlegt war und wir alle die Bäckchen probieren
durften ging es an die Herstellung unserer ersten eigenen Leberwurst.
Copyright: Claudia Becker www.videotextbild.de |
Wir hatten bei der Bratwurst und Mettwurstherstellung schon Fleischstücken vorbereitet, die parallel zu unserer Wurstverarbeitung gekocht wurden. Neben diesen Stücken und den ausgelösten Teilen aus dem Schweinekopf gehört in eine Leberwurst natürlich noch Leber.
- Mindestens 10% (darunter gibt es eine Knappwurst) Leber müssen in der Leberwurst sein. Wir haben ca. 20% verwendet. Die Leber wurde ebenfalls in Stücke geschnitten.
- Fleisch-, Leberstücke, Gewürzen und Fleischsaft der beim Kochen entstanden ist fein durch den Wolf drehen
- In Gläser füllen und verschließen
- Bei max. 80°C für ca. eine Stunde ins Wasserbad (nicht wärmer, sonst besteht die Gefahr, dass die Masse sich wieder trennt)
- … und fertig ist die Leberwurst - ca. 3 Monate im Kühlschrank haltbar.
Natürlich mussten
wir die selbst hergestellte Bratwurst auch gleich verkosten. Zusammen mit etwas
leckerem Bratgemüse zauberte Carsten uns ein "kleines" Abschlussessen
… und um die Zubereitungszeit nicht zu lang werden zu lassen gab es noch zwei
weitere Highlights:
Chili Blutwurst mit
richtig Bumms und Speck vom Mangalitza Schwein. Oh my God - was ein geiles
Zeug! Zerschmilzt im Mund - gut dass ich jetzt das Passwort kenne um den Speck
zu kaufen.
Viel zu schnell war
der Abend zu Ende - über 5 Stunden … wo ist bloß die Zeit geblieben? Mit einem
großen Carepaket ausgestattet, bestehend aus der selbstgemachten Bratwurst,
einer guten Portion Schnitzel und Kotelett endete der Abend.
Alles in allem ein
fantastisches Erlebnis, das nach mehr schreit!
Die Bilder in diesem Artikel wurden mir freundlicher Weise von Frau Claudia Becker (www.videotextbild.de) zur Verfügung gestellt. Sie hat einen wirklich sehr schönen Film über das Fleischerhandwerk und die Fleischerei Scheller /Gaumenwerk gedreht.
Die Bilder in diesem Artikel wurden mir freundlicher Weise von Frau Claudia Becker (www.videotextbild.de) zur Verfügung gestellt. Sie hat einen wirklich sehr schönen Film über das Fleischerhandwerk und die Fleischerei Scheller /Gaumenwerk gedreht.